Offener Brief an Frau Mazur, Kinderschutzbund Ravensburg

Sehr geehrte Frau Mazur,
mit großem Entsetzen habe ich den Artikel in der Schwäbischen Zeitung zum Lichtermarsch in Ravensburg gelesen, zu dem Sie und Ihr Verband scheinbar interviewt wurden. Die erste Missachtung von Kinderrechten konnte ich jedoch nicht an der Veranstaltung selbst ausmachen, sondern am Foto in der Zeitung.

Wo hat die Schwäbische Zeitung die Kinderrechte geachtet? Hätte sie nicht die Pflicht gehabt, alle Kinder zu pixeln? Zum Schutz derer?

Ich denke schon, Sie nicht? Obendrein sind auf dem Bild, in der wohl nur ein kleiner Teil Menschen zu sehen ist, auch durchaus Personen mit MNBzu erkennen. Also allein die Behauptung, ALLE hätten keine MNB getragen, ist schlichtweg nicht korrekt.

Und die Kinder, die vorne im Bild zu sehen sind, werden sicher über die Befreiung im § 3 Abs. 2 Nr. 1 der Corona VO fallen. Meinen Sie nicht? Oder sind Ihre Kenntnisse über Kinder doch nicht ganz so fundiert? Sollten sie aber, denn immerhin sind Sie Leiterin des Kinderschutzbundes in RV und müssten somit durchaus in der Lage sein, Kinder mit ihrem Alter einordnen zu können.

Obendrein ist mir im übrigen auch nicht bekannt, ich konnte in der VO auch nichts finden, dass Menschen eines Hausstandes, egal wo, eine MNB tragen müssen. Können Sie mir die Stelle in der VO nennen, in der das geregelt ist? Denn auf dem Bild ist auch zu sehen, dass die Familien für sich laufen und zu anderen Teilnehmern und Familien den vorgeschriebenen Abstand von 1,50 Meter einhalten!

Also würde ich gerne genau von Ihnen hören, was an dieser Veranstaltung das Wohl eines der Kinder gefährdet hat. Etwa die Tatsache, dass Eltern mit ihren Kindern nach Draußen an die frische Luft gehen? Passiert meines Erachtens viel zu wenig, selbst in den staatlichen Kindergärten, da sitzt man in den Räumen und bastelt wild vor sich hin, statt mit den Kindern raus zu gehen und einen Spaziergang zu machen, bei Wind und Wetter. Diesen komfortablen Service hat man heutzutage leider nur noch in sogenannten Waldkindergärten oder in den Einrichtungen der Waldorfvereinigung, die im übrigen immer von den Eltern selbst und voll gezahlt werden müssen, denn der Staat fördert hier nur die staatliche Variante.

Das nur als kleiner Exkurs zum Thema.

Die Schwäbische Zeitung schreibt, Sie Frau Mazur hätten den Lichtermarsch für den Frieden – ich zitiere „auf das Allerschärfste“ – verurteilt. Warum? Verurteilen Sie lieber die Kindergärten, Schulen, Pfarrgemeinden, die einfach die St. Martins Umzüge abgesagt haben, statt sich ein vernünftiges Hygienekonzept zu überlegen. Ist man dafür zu bequem? Warum gab es keine Umzüge mit Hygienekonzepten? Das verstehe ich wahrlich nicht Frau Mazur. Es wäre sehr einfach, hier etwas zu konzipieren, welches dem Infektionsschutz an der frischen Luft wirksam gedient hätte.

Aber vielleicht kam es den Einrichtungen gerade Recht, nicht nach Feierabend noch raus an die Frische Luft zu müssen, in der Kälte, bei unseligem Nieselwetter, in der Freizeit. Ist das zum Wohle des Kindes? Aus eigener Bequemlichkeit den Kindern den St. Martins Umzug zu nehmen? Sagen Sie es mir.

Mehrere Ausarbeitungen zum Thema zeigen auf, dass im Freien die Aerosole kaum eine Rolle spielen, das sie schnell verfliegen und Experten hier Tröpfcheninfektionen für unwahrscheinlich halten, da die Partikel recht schnell zu Boden sinken und/oder sich durch die Luftzirkulation verflüchtigen.

Das RKI schreibt auf seiner Seite „Übertragungen im Außenbereich kommen insgesamt selten vor“ Und ebenso wird beim RKI darauf verwiesen, dass bei Kindern und Jugendlichen „in den meisten Studien niedriger als bei Erwachsenen“ sei und „meist eine geringere Empfänglichkeit“ haben. Auf Seite 20/21 der hier angehängten KiTAStudie_Okt-2020 vom RKI können Sie nachlesen, dass aktuell verstärkt Ausbrüche in Kindertageseinrichtungen passieren. Verurteilen Sie hier nicht aufs Allerschärfste, dass die Einrichtungen nicht genug an Kinderschutz bieten?

Sollten die Erzieherinnen in ihrer Fürsorge nicht gänzlich auf private Kontakte verzichten, damit es zu keinen weiteren Ansteckung von Kindern kommt? Und doch sind immer wieder Erzieherinnen die, die für Schließung von Kindergartengruppen verantwortlich sind, da sie selbst positiv getestet wurden. Kommt das dem Kinderschutz nach, den Sie sich vorstellen?

In der Studie im übrigen wird auch nochmal sehr deutlich dargestellt, dass das Infektionsgeschehen erst bei Kindern ab 15 Jahren eine Bedeutung bekommt (Seiten 18/19). Prof. Martin Kriegel, ein bekannter Aerosolforscher sagte einmal in einem Interview, dass im Freien die Luftbewegung viel größer sei als im Innenraum und dies würde bedeuten, das im Außenbereich die Aerosole in Sekundenschnelle im großen Luftraum verteilt werden und so nicht länger in der Luft stehen und zu Infektionen führen können. Vernachlässigen Sie all das bei Ihren Anschuldigungen?

Da frage ich mich, ob Sie sich überhaupt mit dem Thema beschäftigt haben und ob es Ihnen in diesem Fall wirklich um das Wohl der Kinder geht.

Weiter berichtet die Schwäbische Zeitung, gibt wohl hier Ihre Worte weiter, dass die Kinder instrumentalisiert werden, um politische Ziele der Querdenker zu präsentieren. Bitte, liebe Frau Mazur, sagen Sie mir, was an der Forderung nach Frieden politisch ist. Ich dachte, Frieden zu haben, wäre ein Menschenrecht. Die Veranstaltung war meinem Kenntnisstand nach mit „Lichtermarsch für den Frieden“ bezeichnet. Haben Sie den Flyer etwa nie zu Gesicht bekommen? Wie also kommen Sie auf die Behauptung, die Kinder wurden bei diesem Ereignis politisch instrumentalisiert?

Auf der Einladung hieß es weiter „Aufgrund der aktuellen Coronaverordnung….Mindestabstand unbedingt zu wahren. Sollte dies nicht…..einen MNS anordnen. Wir sind optimistisch,…..Anweisungen auf Mindestabstand Folge leisten können…“. Es wurde also extra nochmal darauf hingewiesen, dass Abstand einzuhalten ist und wenn dies nicht gelingt, ein MNB getragen werden müsste. Jede Familie ist hier auch ein Stück weit in der Eigenverantwortung und jeder, der Sorge um Ansteckung hat, hätte hier auch vorsorglich zum Abstand eine MNB tragen dürfen, das war nicht verboten.

Sprechen Sie also grundsätzlich mit Ihren Aussagen jeder Familie die mit den Kindern nach Draußen geht ab, die richtige Entscheidung für die Kinder zu treffen? Tun Sie das auch, wenn Sie am Sonntag mal an die Promenade in Friedrichshafen sehen, an der die Menschen und Familien ganz ohne MNB an der frischen Luft spazieren gehen? Durchaus auch mit vielen anderen Menschen.

Ich würde Sie nun bitten, dass Sie die Schwäbische Zeitung darauf aufmerksam machen, dass diese als einzige das Recht der Kinder missachtet hat. Nämlich das Recht am eigenen Bild im Zuge des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Auch wenn Medien ein sogenanntes „Medienprivileg“ haben, so sind sie doch auch angehalten, insbesondere Kinderrechte zu wahren, finden Sie nicht? Das hätte eigentlich das erste sein müssen, was Sie im Interview mit der Schwäbischen Zeitung zumindest hätten anmerken müssen.

Auch wäre es die Aufgabe des Kinderschutzbundes, dafür zu sorgen, dass Kinder in Familien, insbesondere in Lockdown-Situationen während der Corona-Pandemie, nicht misshandelt werden. Jedes Kind früh, egal ob Pandemie oder nicht, ein ordentliches Frühstück bekommt und das Vesper für die Schule gepackt wird. Das Eltern nicht zu Hause rauchen und saufen.Dass Kinder im Zuge von Kontaktbeschränkungen nicht vereinsamen. Dass Kinder mit Attest und einer damit einhergehenden Befreiung vom Tragen einer MNB nicht ausgegrenzt und gehänselt werden und und und.

Ihr Verband sollte also einfach nur dafür Sorge tragen, dass Kinder unbeschwert ihre Kindheit genießen dürfen, ohne Einschränkungen und Maßnahmen, die nicht in jedem Fall verhältnismäßig sind. Mich würde interessieren, was Sie, Frau Mazur dazu bewogen hat, diese Vorwürfe gegen den Lichtermarsch und die Organisatoren zu erheben. Vielleicht hegen Sie einen persönlichen Groll generell gegen Veranstaltungen dieser Art oder aber sind Sie persönlich von Auswirkungen, die aus den Veranstaltungen einhergehen, betroffen?

Ich würde mich freuen, Ihre Sicht der Dinge zu erfahren.

mfg Team RV-Jetzt
Katrin B.

Link zur zitierten Studie:https://corona-kita-studie.de/results.html

Ein Gedanke zu „Offener Brief an Frau Mazur, Kinderschutzbund Ravensburg“

  1. Vielen Dank Katrin für diese Worte und Deinen Brief. Ich würde mir so sehr wünschen, dass die Menschen die Augen aufmachen und klar sehen, was hier passiert. Nicht von hinterfragenden Eltern werden Kinder „instrumentalisiert“, sondern von Medien und Politikern.
    Seit März werden Kinderrechte mehr denn je missachtet, nicht nur in Deutschland sondern weltweit.

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